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© Tages-Anzeiger; 23.03.2004; Seite 13
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KNALLIGES KINO VOR KNALLIGER KULISSE

So grossstädtisch wie in «Strähl» war Schweizer Kino noch nie. Und lange nicht mehr so elektrisierend.

Von Florian Keller

Die grossen Fische fressen die kleinen, ausser man ist ein Piranha. Das ist eine der Lektionen des toughen Drogenfahnders Strähl (Roeland Wiesnekker), aber der schwimmt selber schon bald nicht mehr so flott obenauf im Erstling des Zürchers Manuel Flurin Hendry. Genauso wie die Junkies braucht auch Strähl seinen Stoff, nur dass er sich seine Medikamente beim Hausarzt holt statt auf der Langstrasse. Junkie ist also ein sehr relativer Begriff in «Strähl», und auch Gesetz und Verbrechen sind hier aufs Innigste verflochten. Als Strähl vom Dienst suspendiert wird, verstrickt er sich nur noch mehr in ein fatales Dreieck mit einer Drogenabhängigen (Johanna Bantzer) und deren Freund (Manuel Loewensberg). Und zuletzt triumphiert zwar das Gesetz, doch Strähl erweist sich dabei auch als Zürcher Urenkel der korrupten Cops aus dem amerikanischen Film noir.

Kein Zweifel, die Autoren von «Strähl» kennen das amerikanische Genre-Kino in- und auswendig. Das Drehbuch zu diesem ersten Schweizer Cop-Thriller stammt von David Keller und Michael Sauter, die als Urheber von «Achtung, Fertig, Charlie!» auf sich aufmerksam gemacht haben. «Strähl» haben sie noch vor ihrer phänomenal erfolgreichen Armeekomödie geschrieben, und auch wenn das überhaupt nicht nur locker und lässig ist, wie dieser Drogenfahnder zusehends selber zum desorientierten Junkie wird, so ist «Strähl» dennoch der um Längen lustigere Film als «Achtung, Fertig, Charlie!». Die Dialoge sind träf, dabei nicht zu geschliffen, und bis ins dramaturgische Schlingern hinein ist das ein richtig guter Genre-Film über einen Cop, der sich in den Grenzregionen zwischen Gesetz und Verbrechen abhanden kommt.

Vor allem aber ist «Strähl» elektrisierend grossstädtisches Kino, wie es das hier zu Lande noch nie gegeben hat. Zwar wurden in den letzten Jahren durchaus Versuche unternommen, knalliges Kino vor urbaner Zürcher Kulisse zu machen. «Exklusiv» war so ein Film, doch der krankte daran, dass er Hollywood an die Limmat tragen wollte. «Strähl» macht diesen Fehler nicht. Hendrys Erstling ist viel zu sehr auch ein Heimatfilm über das Langstrasse-Quartier, als dass man ihm sein Liebäugeln mit dem US-Genre-Kino vorwerfen könnte.

Ein Heimatfilm? Aus dem Drogenmilieu? Aber sicher. Seit den Filmen von Kurt Früh hat es hier nichts mehr gegeben, was so unverkrampft und so leidenschaftlich zürcherisch daherkommt wie «Strähl». Damit schafft dieser Krimi, was schon längst fällig gewesen wäre: Er datiert das urbane Kino eines Kurt Früh für die Gegenwart auf.

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